Die Frage, weshalb gerade das Rathaus der Stadt Backnang zum schönsten Rathaus gewählt werden soll, ist wahrlich einfach beantwortet: Das Historische Gebäude, das im Zentrum des alten Ortskerns gebaut wurde, ist zweifelsohne das schönste und auch eins der größten Fachwerkgebäude in ganz
Süddeutschland!
Das Fachwerk des Gebäudes wurde dabei im alemannisch-fränkischen Stil mit profilierter Stockschwelle und Rähmbalken mit Barockdetails errichtet und ist sehr reichhaltig gegliedert. Besonders das zweiten Obergeschoss, in dem mittlerweile der Sitzungssaal des Gebäudes untergebracht ist, weist verschiedenste Zierformen auf.
Das Gebäude in Mitten der Stadt wurde zwischen 1599 und 1601 nach den Plänen des württembergischen Landesbaumeister Georg Beer, welcher ebenfalls der Architekt des Stuttgarter Lustschlosses war, erbaut. Das freistehende Gebäude, mit massivem Erdgeschoss, zwei Fachwerkobergeschossen und drei Dachgeschossen erhebt sich aus der winkelförmigen Platzanlage, welche aus dem Marktplatz sowie dem Platz Am Rathaus besteht. Durch einen Stadtbrand, welcher sich im Jahre 1693 im Zuge des sogenannten Pfälzischen Erbfolgekriegs zugetragen hatte, wurde ein Großteil der Stadt Backnang vernichtet. Auch das Rathaus der Stadt wurde ein Opfer der Zerstörung. Lediglich der steinerne Erdgeschosssockel sowie der Keller, welcher zwei Gefängniszellen beinhaltete, blieb erhalten. Besonders hervorzuheben sind an diesem Bereich die Renaissance-Konsolen im Erdgeschoss, welche aus den Jahren 1599 und 1601 stammen müssen und den großen Stadtbrand somit überstanden haben. Diese Konsolen können dabei wahrlich als Kunstwerke bezeichnet werden, da die detaillierte Köpfe; zum Teil sind es Fratzen mit aufgesperrtem Mund, zum Teil Idealköpfe, Engelsköpfe oder ähnliches darstellen. Es ist davon auszugehen, dass sich hinter diesen charakteristischen Porträts bekannte Stadtpersönlichkeiten befinden. Besonders die Eckkonsolen sind sehr aufwendig gestaltet. Die Wappenkartusche am Giebel-Eingang zeigt dabei das Wappen der Stadt, wie es auch im Kartenwerk von Heinrich Schweikher von 1575 zu sehen ist.
Die Initialen auf den seitlichen Wappenkonsolen werden als folgende Initiale gedeutet: MS – Michael Sauselin – Vogt, HS – Hans Stahel – Vogt, WH – Wilhelm Holder – Bürgermeister, HM – Hans Maurer – Bürgermeister.
Der Wiederaufbau des Gebäudes erfolgte in den Jahren 1716 und 1717. Dass es sich tatsächlich um einen Wiederaufbau und nicht um eine Neuplanung handelte, belegen die Skizzen von Herrn Heinrich Schickhardt, welcher den 1600 errichteten Rathausbau festhielt. Auch in Schriftquellen wurde ausdrücklich darauf verwiesen, dass der Vorzustand wiederhergestellt werden solle. Den Bereich des Erdgeschosses kann man sich ursprünglich als offene Halle vorstellen. Hierauf weisen auch die großen Bogenfenster hin, welche von drei Seiten ersichtlich sind. Dieser offene Bereich wurde in der damaligen Zeit als Markthalle genutzt. Im ersten Obergeschoss fanden zudem Tuchmärkte sowie Tanzveranstaltungen statt. Heute sind in diesem Geschoss Büroräumlichkeiten untergebracht. Lediglich das zweite Obergeschoss wurde bereits in der Vergangenheit für Verwaltungstätigkeiten genutzt und war in zwei Ratsstuben unterteilt. Über dem Saal der großen Ratsstube, welche heute als Sitzungssaal genutzt wird, befindet sich immer noch die Inschrift „Bey 1 f Straff soll sich Keyner vor die dühren stellen“. Mit dieser Inschrift sollen die Lauscher angesprochen werden, welche in Zeiten der Nichtöffentlichkeit der Ratssitzungen an der Türe standen. Eine grundlegende Renovierung der Rathausfassade fand im Jahre 1884 durch Oberamtsbaumeister Christian Hämmerle statt, welcher auch den Spitznamen „Türmlesbaumeister“ innehat. Dabei wurde das Fachwerk freigelegt und die beiden Eck-Trägerfiguren wurden restauriert. Die nordöstliche Figur bekam einen neuen Kopf. Die südöstliche Figur befindet sich noch in ihrem ursprünglichen Zustand, sie hat allerdings irgendwann ihre Arme verloren. 1937 wurden beide Ratssäle durch Prof. Rudolff Lempp neugestaltet.